Pro Ana war so lange mein Geheimnis, dass es noch immer komisch ist, offen darüber zu sprechen. Immer habe ich Angst vor verstörten Blicken, vor Entsetzen oder sogar Wut oder abfälligen Reaktionen. Noch immer habe ich Angst, dass ich als verrückt abgestempelt und nicht ernst genommen werde. Oft denke ich, dass ich Dinge umschreiben oder auslassen muss, wenn ich erzähle und dann fällt mir wieder ein, dass es diesen Blog gibt, dass ich öffentlich gemacht habe, was meine Geschichte ist und, dass theoretisch jeder Mensch, den ich neu kennen lerne innerhalb von ein paar Minuten herausfinden kann, was mein Leben ausgemacht hat.
Das ist einerseits beängstigend, aber es hilft mir auch, freier damit umzugehen. Ich muss da noch viel sicherer werden, vor allem im privaten Umfeld. Ich bin unendlich dankbar, dass ich bisher nur positive Rückmeldungen bekommen habe, dass Menschen dankbar für meine Arbeit sind, sagen, wie wichtig das alles hier ist. Es gibt mir Mut laut zu werden und endlich darüber zu sprechen, aber es ist genau so wichtig, dass ich die sozialen Medien als Plattform nutzen kann, weil ich hier üben kann. Weil mir hier niemand geradewegs in die Augen sieht, wenn ich beginne zu erzählen, weil es noch immer leichter ist, das Wort „Magersucht“ in eine Tastatur zu tippen, als es laut auszusprechen.
Jedes Mal fühlt es sich wie das erste Mal an, wenn mir dieses Wort vor einem Menschen, der das noch nicht von mir weiß, über die Lippen kommt. Ich will, dass es irgendwann etwas Selbstverständliches für mich werden kann, denn nur so schaffen wir, dass es kein Tabuthema mehr bleibt. Die erste Hürde sind immer noch die eigenen Lippen, die verschlossen bleiben in Momenten, in denen es so wichtig ist, darüber zu reden und ich werde täglich üben, bis ich es irgendwann völlig normal erzählen kann. Ich denke, dass genau dieser Umgang enorm wichtig ist, damit vor allem Unwissende lernen, dass es nichts Schlimmes ist, solche Themen anzusprechen, Fragen offen zu stellen und Neues darüber zu lernen. Ich möchte vermitteln, dass mir jede*r seine/ihre Fragen so offen stellen kann, wie gewünscht ohne, dass es für irgendwen unangenehm wird und ich möchte Ana die Macht nehmen, mich zum schweigen zu bringen.