Alte Dinge, neue Bedeutung

Ich versuche gerade Dingen, die ich früher gemacht habe eine neue, gesunde Bedeutung zu geben. Das passiert in so vielen verschiedenen Bereichen und das ist auch sehr wichtig. Ich möchte zwei Dinge als Beispiel nennen, die sehr unterschiedlich sind.

Zum einen wäre da das Brot backen. Das klingt zunächst einmal unbedeutend und fast ein wenig lächerlich, aber das ist es nicht. Es gab eine Zeit, in der ich mich ausschließlich von selbst gebackenem Roggenbrot ernährt habe. Alle 24 Stunden, nur abends und den Rest des Tages bin ich arbeiten gegangen, habe mich mit Freund*innen getroffen, bin aufgetreten und drei Mal die Woche zum Sport gegangen. Für das Brot einzukaufen und es zu backen waren die einzigen Momente, in denen ich mich aktiv mit Nahrung beschäftigt habe; gegessen habe ich so, als wäre es eine Belohnung dafür, dass ich den gesamten Tag durchgehalten habe, aber es waren trotzdem immer nur ein bis zwei Scheiben. Gestern habe ich das erste Mal wieder selbst Brot gebacken, weil ich Lust darauf hatte und, weil ich weiß, dass es mir wirklich gut schmeckt! Es ist wichtig, es nicht als Belohnung fürs Hungern anzusehen, sondern als Belohnung dafür, dass ich mir die Mühe gemacht habe es selbst zu backen und damit gönne ich mir etwas, das mir Freude bereitet. Dieses Brot hat für mich nicht länger die Bedeutung von Verzicht und Ausgleich, sondern von Freude und Appetit. Und ich hoffe, dass das in vielen Bereichen so folgen wird.

Das zweite Thema ist der Sport. Hier sieht es leider etwas anders aus. Als ich vergangene Woche, seit langer Zeit das erste Mal wieder beim Sport war, einerseits, weil ich zu faul war, andererseits aber auch, weil ich Angst hatte, ist genau das passiert, was ich erwartet hatte. Die Symptome der Sucht sind zurück gekehrt und ich konnte nicht, wie jeder andere Mensch ganz normal mit dem Aufwärmen beginnen, sondern bin sofort auf den Crosstrainer gegangen und so lange und so schnell darauf gelaufen, bis mir schwindelig wurde. Anstatt dann aufzuhören, bin ich noch Fahrrad gefahren, selbstverständlich auch hierbei mit einem hoch eingestellten Widerstand und viel zu schnell. Das bereue ich. Ich möchte, dass mir Sport wieder Spaß macht, dass ich gerne hingehe und dabei etwas für mich erreichen kann, das nicht bedeutet, dass ich kurz vor einer Ohnmacht stehe. Ich möchte lernen, mich ganz normal aufzuwärmen, damit ich danach in der Lage bin den Sport zu genießen und mich langsam auszupowern, um hinterher mit mir zufrieden zu sein und das Gefühl positiv wahrzunehmen.

Das ist alles ein täglicher Kampf, der sicherlich nicht leicht zu führen ist, aber ich bin bereit alles dafür zu geben. Ich sehe Fortschritte zum Beispiel daran, dass ich es geschafft habe an der Waage, die in jedem Studio rumsteht (warum verdammt?!) vorbei zu gehen, auch, wenn das nicht einfach war. Ich werde heute wieder ins Studio gehen und ich werde mir alle Mühe geben mir selbst einen Gefallen zu tun und mich an das zu halten, was ich mir vorgenommen habe. Und wer weiß, vielleicht wird Sport ja irgendwann doch noch ein ganz normaler Bestandteil meines Lebens. Zumindest hoffe ich das.